Dramaturgie Forschung

Prof. Dr. habil. Barbara Büscher (HMT Leipzig)
Dr. Franz Anton Cramer (HZT/UdK Berlin)

Verzeichnungen

Medien und konstitutive Ordnungen von Archivprozessen der Aufführungskünste

ÜBER DAS PROJEKT

Ein Forschungsvorhaben, das von der Hochschule für Musik und Theater »Felix Mendelssohn Bartholdy« Leipzig gemeinsam mit dem Hochschulübergreifenden Zentrum Tanz /Universität der Künste Berlin durchgeführt und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wird.

Das Forschungsprojekt „Verzeichnungen“ untersucht Aspekte der medialen und ontologischen Konstitution archivischer Objekte von Performance. Vor dem Hintergrund eines zunehmenden Interesses sowohl an der kulturellen Funktion des Archivs wie auch an der Historiographie von Performance Art und anderen Aufführungskünsten stehen die Beziehungen zwischen Ausstellungspraxis, performativen Formaten und der Hervorbringung spezifischer Artefakte im Mittelpunkt der Forschungen. Dabei werden einerseits Archivierungsstrategien in unterschiedlich institutionalisierten Kontexten - an Museen, in Spielstätten, von Künstlern und von Galerien - untersucht. Zum anderen werden einschlägige Ausstellungsprojekte analysiert. Dabei geht es um pragmatische Aspekte, aber auch um Nutzungsperspektiven und mediale Transformationen bei der Entstehung und Bewertung von Artefakten. Sie changieren zwischen Materialität und Evidenzfunktion, wobei die verwendeten Medien einerseits, das Gefüge aus Archivhandwerk, Neuinterpretation und digitalen Aufbereitungen künstlerischer Zeugnisse andererseits zu berücksichtigen sind. Im Ergebnis soll ein aktuelles Verständnis von Bewegung und Beweglichkeit als Medium der Bewahrung und zugleich zu bewahrendes Medium ausgearbeitet werden, das das komplexe Gefüge aus Objektstatus und Referenzqualität der Artefakte, Repräsentation vergangener Ereignisse und Präsenz des fluiden Zugangs reflektiert.

 

Laufzeit: 1. August 2012 bis 31. März 2017

 

Informationen zu »Verzeichnungen« auf der Internetseite der DFG.

 

This research project focuses on cultural performance practices and their historiography. In recent years, there has been growing interest in questions of how transitory and site-specific art forms react to archiving and how to overcome the conflict between the unique moment of performance and remembering or immortalizing it. A range of formats, from exhibitions, re-enactments and retrospectives to historically informed artistic projects, use many different strategies to translate the content of past performance into contemporary contexts and renderings.The objective of the project is to analyse these undertakings and examine their effectiveness as well as their individual conceptions and methods. These can be based on the status of archival objects, claims to documentary completeness, faithfulness to the original or curatorial re-interpretations of historical positions. Current projects both in exhibition and archiving are analysed in a number of case studies. In addition, the project devises a systematic stock taking of developments of the issue, both artistic and academic since c. 1990. The results will be published and presented for discussion in workshops, internet publications and a database.

Subject area term: 2012 to 2017
 

More info on the website of DFG.

 

 

• Prof. Dr. Barbara Büscher, Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig, Fachrichtung Dramaturgie

• Dr. Franz Anton Cramer, Universität der Künste Berlin / Hochschulübergreifendes Zentrum Tanz 

• Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der HMT / Research Fellow at HMT: Lucie Ortmann (ab 1.3.2015)

• Mercator Fellows: Dr. Eric Morrill (San Francisco), Prof. Dr. Barbara Clausen (Montréal)

• Gastdoktorandin / Visiting PhD student DAAD: Nerea Ayerbe (Bilbao): Artists Books and Performance.      

• studentische Hilfskraft / student assistant: Stefanie Hauser 
                      

Publikationen

 

Dieses ARBEITSBUCH resultiert aus unseren Forschungen, die mit dem DFG-geförderten Projekt Verzeichnungen. Medien und konstitutive Ordnungen von Archivprozessen der Aufführungskünste verbunden sind. Den Schwerpunkt des ARBEITSBUCHES bildet ein Ausschnitt derjenigen Ergebnisse, die sich mit den Präsentationsformen von Performance und Aufführungen im musealen Kontext beschäftigten. In den vergangenen 25 Jahren haben sich vielfältige Formen der Präsentation als Aneignung von und Zugang zu Geschichten der Performancekunst entwickelt. Mit der Untersuchung von re.act.feminism #1 und #2, Moments. Eine Geschichte der Performance in 10 Akten und „Retrospective“ by Xavier Le Roy stellen wir zunächst drei Fallstudien aus diesem Gegenstandsbereich vor.

Der zweite Teil des ARBEITSBUCHES umfasst eine Skizze des aktuellen Diskurses zum Thema „Ausstellen und Aufführen“, zu Aneignungsformen, Kanonbildung und deren jeweiliger Kontextualisierung sowie zur Bedeutung von Performance als interdisziplinärer Schnittstelle zwischen darstellenden und visuellen Künsten.

Im dritten Teil haben wir für den Zeitraum von 1994 bis 2019 eine Dokumentation von ca. 40 Ausstellungen zusammengestellt, die sich mit Performancekunst und deren Geschichte(n) beschäftigt haben. Die zusammenfassende Auswertung dieser Dokumentation unter Aspekten, die in der Darstellung des aktuellen Diskurses skizziert wurden, ist vorangestellt.

Dieses ARBEITSBUCH versteht sich als Materialsammlung für und Diskursbeitrag zu einem höchst relevanten Forschungsfeld und den aktuellen Fragen nach Dokumentationsweisen, Zugänglichkeit, Kanonbildung und Sammeltätigkeit.

 

Das ARBEITSBUCH ist kostenlos als interaktives PDF hier zugänglich: Download PDF

Außerdem ist es langfristig auf dem sächsischen Dokumenten- und Publikationsserver Qucosa  verfügbar.

 

“Fluid access” indicates the interminability of the processes of archiving performance-based arts and their continued transformation, as well as their repeated appropriation in exhibitions, reenactments and scientific analysis. Fluid access is based on processes of collecting and ordering as well as on various medial forms of recording. The readability of the archive’s artefacts is determined by their medial character. The international network that has evolved since 2009 with each edition of the online journal MAP media archive performance places these aspects at the center of its ongoing reflections. The exchange between artistic practice and scientific analysis highlights the importance of gaining fluid access to performance history.
 

„Beweglicher Zugang“ („Fluid Access“) charakterisiert Archivprozesse der Aufführungskünste in ihrer Unabschließbarkeit und verweist auf ihre fortgesetzten Transformationen und deren je aktuelle Aneignung in Ausstellungen, Reenactments und wissenschaftlicher Analyse. Sammeln und An-Ordnen in medial verschiedenen Formen des Aufzeichnens bilden die Basis solcher aktuellen Archivprozesse. Das internationale Netzwerk, das sich mit den Ausgaben des Online-Journals MAP —Media | Archive | Performance seit 2009 entwickelt hat, stellt diese Aspekte in den Mittelpunkt einer fortgesetzten Reflexion. Künstlerische Praxis und wissenschaftliche Analyse kommunizieren und machen den beweglichen Zugang zur Performance-Geschichte deutlich.


Including contributions from:
Ieva Astahovska, Gabriele Blome, Barbara Büscher, Daryl Chin, Barbara Clausen, Franz Anton Cramer, Scott deLahunta and Florian Jenett, Wolfgang Ernst, Ulrike Hanstein, Susanne Holschbach, Jana Horáková, Babette Mangolte, Eric Morill, Andi Otto, Laurence Rassel, Heike Roms, Stefanie Schulte Strathaus, Otmar Wagner and Florian Feigl, Isa Wortelkamp.

Alle Beiträge sind in englischer Sprache.

http://www.olms.de/search/Detail.aspx?pr=2009176

Durch neuere Arbeiten und Ausstellungen zur Geschichte der Performance-Kunst sind die Vorstellungen von Archiv(en) der Aufführungskünste in Bewegung geraten. Die zeitliche Ferne und das zeitgenössische Interesse an künstlerischen Performances hat die Frage nach Materialien und Dokumenten, nach Spuren und Aufzeichnungen sowie deren medialem Charakter deutlich hervortreten lassen. Worauf kann sich eine aktuelle Aneignung in Kunst, Wissenschaft und Populärkultur beziehen? Das ist eine unserer Ausgangsfragen.

Eine andere ist die nach den Publikationsweisen wissenschaftlicher communities, denn sie erlauben kaum einen Austausch über die Hoheitsgebiete hinweg und in Formaten, die nicht der gedruckten Form entsprechen. Beweglichkeit, ein beweglicher Zugang wäre eine zentrale Bedingung für eine offene Art der Wissensaneignung, die das verstreute Potential von Akteuren unterschiedlicher Felder vernetzen kann. Wie ist ein solcher beweglicher Zugang zu realisieren? Auch im Sinne einer flexibleren Kommunikation?


Medien  ~  Archiv  ~  Performance

Aus einer Vielzahl möglicher Verknüpfungen dieser drei Bereiche ergeben sich die thematischen Felder dieses Projektes. Die folgenden Überlegungen sollen einer offenen Beschreibung der Begriffe Rechnung tragen.

  • Performance meint alle Aufführungskünste (auch Kino, Ausstellungen etc., nicht nurPerformance Art im Sinne eines Gebietes der Kunstgeschichte).
  • Performances + ihr Archiv – was sind die Spuren, Relikte und Dokumente, die als mediale Artefakte in die Geschichtsschreibung eingehen? Wer wählt sie aus und ordnet sie (wie) an? Wie können sie immer wieder neu zugänglich und lesbar werden?
  • Medien + Performance meint nicht nur die medialen Formate, in denen Performances gespeichert werden, sondern auch die Auseinandersetzung, den Gebrauch von Medien in Aufführungen sowie die performativen Aspekte von Kunst, die sich audiovisueller Speichermedien bedient.
  • Archiv, performativ – Archiv ist nicht mehr die fest gefügte Sammlung und Ordnung vergangener Zeugnisse, sondern wird im beweglichen Zugang je neu geschrieben. Dazu gehören Aktualisierungen in Form von Reenactments, Ausstellungen und eine Vielzahl von künstlerischen Aneignungen.
  • Medien der Archive – was bedeutet die Veränderung und Erweiterung der Artefakte von der Schrift über die analogen hin zu den digitalen Speichermedien für die Ordnung(en) des Wissens und die Zugänge zu Archiven?


All diese Fragen sind ein Anfang… Ihrer Erforschung, Konkretisierung und Reformulierung soll dieses Projekt dienen. Das In- und Gegeneinander von wissenschaftlicher und künstlerischer Forschung, von unterschiedlichen Darstellungsformen und medialen Formaten entspricht den Möglichkeiten elektronischen Publizierens. Die Reflexion über diese Möglichkeiten und die Aneignung in verschiedenen Stufen eines beweglichen Zugangs verstehen wir ausdrücklich als Teil des Projektes.
Die (Forschungs)Ergebnisse wechselnder Kooperationen sollen in loser Folge auf der Webseite veröffentlicht und so für produktiven Austausch und Vernetzung zeitnah zugänglich werden.
In diesem Sinne ist das aktuelle Ergebnis ein work in progress. Es ist zunächst eine in Konzeption und Programmierung von Herausgeber:innen und Redakteur:innen verantwortete elektronische Zeitschrift. Sie wurde mit Hilfe der Open source-Software Plone erstellt.

alle Ausgaben hier: www.perfomap.de

Veranstaltungen

Die grundlegende Idee der Veranstaltung ist es, Filme zu zeigen, die als Reflexion, Dokumentation oder Spiel mit Aufführungen an der Schnittstelle von Tanz / Theater und Performance Art zu lesen sind. Dabei soll sowohl der Film als ein Medium im Archivprozess der Aufführungskünste bedacht werden wie auch die Befragung des Filmischen durch Einbezug deutlich markierter Elemente von Theatralität. Das Spektrum der Filme reicht in die 1970er Jahre zurück. In Erweiterung der alleinigen Fokussierung auf die Künste wird das Programm in einem Teil Fragen an ein kulturelles Archiv unter kolonialen Bedingungen beleuchten und den gegenwärtigen Zugang reflektieren.

Die Veranstaltung ist Teil der Veröffentlichungen des Forschungs-Projektes „Verzeichnungen“, der HMT Dramaturgie und findet in Kooperation mit Luru-Kino in Leipzig statt. Sie richtet sich an interessierte Kolleg_innen und Student_innen. Der Eintritt ist frei. Im Anschluss an jedes Programmteil gibt es die Möglichkeit für ein Gespräch.

 

Mit Filmen von: 
Mara Mattuschka, Pedro G. Romero, Yvonne Rainer, Anne Quirynen, Babette Mangolte, Stuart Brisley, Brigitta Kuster

und Beiträgen von:
Brigitta Burger-Utzer, Iris Dressler, Susanne Holschbach, Anne Quirynen, Sabine Nessel, Ulrike Hanstein, Brigitta Kuster.

Konzeption: Barbara Büscher in Zusammenarbeit mit Sarah Schipschack
Organisatorische Mitarbeit: Maiko Miske



zum Programm

Der Workshop stellt Forschungen zu aktuellen Fragen der Archivierung, Geschichtsschreibung und Wiederaneignung von Performance und anderen Aufführungskünsten vor.
Zehn Expertinnen und Experten werden in zwei Panels ihre Projekte vorstellen und gemeinsam diskutieren. Zwei Vorträge im Anschluss an die Gespräche eröffnen weitere Perspektiven.

mit Beiträgen von:
Iris Dressler, Martina Hochmuth, Julia Kläring, Bettina Knaup, Christine Peters, Elisabeth Timm, Florian Feigl, Kim Feser, Pascale Grau, Boris Nieslony, Julia Wehren, Knut Ebeling

zum Programm

In dem gemeinsamen Forschungsprojekt „Verzeichnungen. Medien und konstitutive Ordnungen von Archivprozessen der Aufführungskünste“ beschäftigen wir uns mit den beiden Feldern, die die titelgebenden drei Begriffe umschreiben:

a) mit der Frage anhand welcher Artefakte, mit welchen Medien und Ordnungskriterien Archive von Performancekunst und Sammlungen von Künstler_innen arbeiten und arbeiten wollen/können (Stichworte auch: Datenbanken und physische Archive) und damit eine Basis für die Geschichtsschreibung von Performance legen;

b) mit der Frage, in welchen Formen, Gesten und An-Ordnungen aktueller Zugang zu diesen Sammlungen und Archiven (letztlich: Geschichte/n) inszeniert, eröffnet wird. Ausstellungen spielen dabei gegenwärtig eine wichtige Rolle.

In diesem Forschungskolloquium wollen wir auf den zweiten Aspekt konzentrieren und Sie einladen, mit uns über erste Beobachtungen und methodische Überlegungen, die wir Ihnen vorstellen, zu diskutieren. Wir freuen uns über weitere Beiträge und Präsentationen, die Sie / Ihr alle zusammen im folgenden Ablauf findet.

Zeit und Ort:
13.12. 2012 von 13.00-19.00 Uhr
14.12. 2012 von 10.00-16.00 Uhr in der HMT Leipzig
Dittrichring 21, Raum 1.10

mit Beiträgen von:
Bettina Knaup, Sven Bergelt, Lulu Obermayr, Meret Kiderlen, Juliane Männel, Verena Eitel, Lucie Ortmann, Barbara Büscher, Franz Anton Cramer und Jasmin Ihrac

zum Programm